Jump to content

Die Sachsendampf-Safari


Lutz

Recommended Posts

Vorwort

Frühkindliche Prägung: Der Weg zum Kindergarten führte über einen Bahnübergang, der immer gerade dann geschlossen wurde wenn meine Mutter mit mir ankam. Schon das Schließen der Schranken mit dem damals üblichen mechanischen Leutewerk faszinierte mich, war aber nichts im Vergleich zur kurze Zeit später vorbeibrausenden Dampflok. Jedes Mal aufs Neue war ich wie gebannt. Wahrscheinlich schon da habe ich mich mit dem Bazillus Eisenbahn infiziert. Der Schrankenwärter prophezeite meiner Mutter: "Der wird mal Eisenbahner!" Er hatte Recht. 

                                                                                                ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Anfang Juni 2019, Gelegenheit für eine Lonely Rider Tour, es müssen ja nicht immer die Alpen sein. Also brach ich auf in meine alte Heimat Sachsen, dort dampft es noch an einigen Orten. Mehrere Schmalspurbahnen (Spurweite 750mm) verkehren noch fahrplanmäßig mit Dampflok bespannt als Touristenattraktion und einige Museumsbahnen bieten Fahrten an ausgewählten Terminen.    

Quer durch die Oberpfalz ging es zunächst nach Tschechien, über Cheb nach Sokolov. Das Falkenauer Becken (Sokol = Falke) ist eine arg geschundene Tagebau-Mondlandschaft, abstoßend und faszinierend zugleich:

261962282_002Sokolov.thumb.JPG.d42e6b7f8515960e0b140adc492a7a26.JPG1603449700_001Sokolov.thumb.JPG.351e07f502836edaf76540b194ae3e90.JPG  

Falkenauer Becken

Nun ging es das Erzgebirge hinauf, über Bozi Dar und den Wiesenthaler Pass fiel ich in Sachsen ein, erstes Zwischenziel war Oberwiesenthal, Endpunkt der Fichtelbergbahn. Leider war ich ein wenig spät dran, habe gerade noch einen abfahrenden Zug hinunter nach Cranzahl filmen können.

1609847460_003Fichtelbergbahn.thumb.PNG.98bdee16d7df1b7ddb8f73134812bd85.PNG

Nur ein paar Kilometer weiter liegt Jöhstadt, Endpunkt der Preßnitztalbahn - eine erstklassige Museumseisenbahn! Die Strecke hinunter nach Wolkenstein war bis Mitte der 1980er Jahre in Betrieb und wurde dann abgebaut. Nach der Wende hat ein Verein das obere Teilstück von Jöhstadt bis Steinbach wieder aufgebaut und ganze Arbeit geleistet!

1760324425_004Jhstadt.thumb.JPG.1c9178caaf83655b86fd640299b41123.JPG 

Jöhstadt

Lange hielt ich mich nicht auf, denn mein Tagesziel lag noch ein ganzes Stück entfernt an der Elbe. Ich verließ das Erzgebirge und erreichte am Nachmittag bei fast schon unerträglicher Hitze die Kleinstadt Radebeul vor den Toren Dresdens. Im Ortsteil Altkötzschenbroda schlug ich mein "Basislager" auf.

1409660628_005Ktzschenbroda.thumb.JPG.c2801aa640c68e5a41de0301b9b981bc.JPG

Altkötzschenbroda

Radebeul war nicht von ungefähr mein Ziel, denn auch hier dampft es (sogar zweimal, aber davon später). Eine Fahrt mit der Lößnitzgrundbahn, die von hier aus über Moritzburg nach Radeburg führt war der Tagesabschluß.

1928113814_006RadebeulOst.thumb.JPG.489fee94c9ccfb6b49aefc4f0ef2749b.JPG2010843791_007RadebeulOst.thumb.JPG.d9a8c2a1e09161de63f52ee57de658f4.JPG  

Gemächlich stampfte das Züglein durch die Stadt, dann an Weinbergen vorbei und schlängelte sich im engen Tal der Lößnitz aufwärts bis zum Dippelsdorfer Teich, der auf einem Damm überquert wird.

1416121924_008DippelsdorferTeich.thumb.PNG.05a96b20d3149739567562fe6bd636d5.PNG

In Moritzburg hatte ich genug Zeit um das bekannte Jagdschloß von August dem Starken zu besuchen, bevor es mit der Bimmelbahn zurück nach Radebeul ging.

553932065_009Moritzburg.thumb.JPG.b9e97fa15ecbf13cb1aebd83456873fb.JPG 

Schloß Moritzburg

 

Am nächsten Tag hatte die Mille GT frei. Per Pedes ging es an die Elbe hinunter, denn auch da dampft es noch:

179724565_010Krippen.thumb.JPG.0871f47f4aa7bd24fdf1781d93be7531.JPG

Die Sächsische Dampfschifffahrt besitzt neun historische Raddampfer, die größte derartige Flotte der Welt. Ich ging in Radebeul an Bord des Glattdeckdampfers "KRIPPEN" und fuhr entlang der Sächsischen Weinstraße bis zum Endpunkt in Seußlitz - eine ganz gemächliche Art des Reisens (neudeutsch heiß es ja wohl "entschleunigt"(was für ein Schei....wort!)) Auch hier faszinierende alte Technik, eine oszillierende Zweizylinder-Dampfmaschine:

937221594_013Dampfmaschine.thumb.JPG.52e11b8032529f8df297920fcc50b04b.JPG 

Nach knapp einer Stunde Fahrt tauchte die Silhouette von Meißen mit Dom und Albrechtsburg auf und weiter ging es an den Weinbergen des nördlichsten deutschen Weinanbaugebietes entlang der Endstation Seußlitz entgegen.

779684176_011anBordMeieninSicht.thumb.JPG.ff1248c8d9b11c2cffb4b0b1d08246b8.JPG

1545417721_012MeieninSichtzoom.thumb.JPG.12f79a631d74d5c759d1a556e8a8bf3f.JPG

Meißen

1073331352_014KrippeninSeulitz.thumb.JPG.6eebdfe16b2057971736ac6fbf9fd823.JPG

Wendepunkt Seußlitz

869236198_015WeingutinSeulitz.thumb.JPG.fcdbf64c3a8ad6597290d2b220a044c4.JPG

Nach einer Pause in einem Weingut ging es die gleiche Strecke zurück, es war ein ganz entspannter Tag.

 

Tag drei, die Rückfahrt. Frühzeitig verließ ich das Elbtal, machte einen groooßen Bogen um Dresden (ist zweifellos eine der schönsten Städte Deutschlands, aber während des morgendlichen Berufsverkehrs genauso besch... wie alle anderen Metropolen) und fuhr aufs Osterzgebirge hinauf, die Weißeritztalbahn wollte ich auch noch mitnehmen - und ich hatte Glück: Im Bahnhof Schmiedeberg war ein Arbeitszug zur Unkrautbekämpfung unterwegs, bespannt mit einer Länderbahnlok der Gattung Sächs. IV K, die sonst nur für Sonderzüge zum Einsatz kommt:

1998891318_661608.thumb.PNG.ccac84f482f312986901b0c7195bf2d8.PNG

Auf kleinsten Straßen übers Osterzgebirge erreichte ich schließlich wieder die Kammlage, fuhr bei Reitzenhain hinüber nach Tschechien und auf dem Kamm entlang in Richtung Klinovec / Keilberg, mit 1248 m der höchste Berg im Erzgebirge, der Gipfel ist genau wie der gegenüberliegende Fichtelberg (1214 m) anfahrbar. 

IMG_0410_LI.thumb.jpg.3a4c00bf70e40b156856615d353fec79.jpg

Irgendwo am Erzgebirgskamm, die Wolkendecke verheißt nichts Gutes

Mein Vorhaben, den Fichtelberg noch anzufahren ließ ich ganz schnell fallen, eine schwarze Wolkenwand zog ziemlich flott die Hänge hinauf, Blitz und Donner im Sekundenabstand ließen es geraten erscheinen sich schleunigst vom Acker zu machen! Beinahe fluchtartig verließ ich die Kammregion in Richtung Karlovy Vary und nahm sogar die Autobahn bis Cheb, denn auch auf tschechischer Seite sah es nach Unwetter aus. Rückkehr nach Deutschland bei Waldsassen und auf bekannten Pfaden zurück nach Nürnberg, trocken angekommen - alles bestens! Und auch die Mille GT ist gelaufen wie immer - ist halt ein braves Roß!

... ein Filmchen gibts auch: 

 

 

 

Edited by Lutz
  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Hallo Lutz

Sehr schöne Bilder , ein tolles Video untermalt mit den Geräuschen von dampfbetriebenen Lokomotiven und einen sehr interessanten Bericht hast du hier unter Reiseberichte eingestellt . Da werden Kindheitserinnerungen bei einem Menschen mit dem Baujahr 1941 wach . Wir wohnten damals auf einem kleinem Dorf direkt an einem Zentralbahnhof und die Geräusche und den Geruch von Lokomotiven vergisst  man dann ein Leben lang nicht  .

Ich denke , wenn ich Dir die mir bekannten Kleinbahnen  unter Dampf in Mecklenburg/Vorpommern nenne , sage ich dir nichts Neues . Da gibt es 

1. Den " Rasenden Roland" von der Rügenschen Kleinbahn der die Strecke Putbus , Binz , Sellin , Baabe , Göhren fährt .

2. Die Mecklenburgische Bäderbahn Molli  von  Bad Doberan nach Kühlungsborn .

Gruß  Helge 

Link to comment
Share on other sites

vor 10 Stunden schrieb MV_Oldtimer:

 

2. Die Mecklenburgische Bäderbahn Molli  von  Bad Doberan nach Kühlungsborn .

Gruß  Helge 

Mit der bin ich als Kind auch schon mitgefahren, Helge.

Wie immer, sehr schöner Reisebericht, Lutz!

 

Grüße Tobias

Link to comment
Share on other sites

Guest lozärn

Hallo Helge

Einen faszinierenden Bericht hast Du da geschrieben! Eine schöne Idee mit dem Motorrad die Erinnerungen und die Faszination der Kindheit noch einmal zu erleben. Und: Deutschland ist schön! Zu Land und zu Wasser allemal. Ich bin beeindruckt!

Danke schön!
Gruess, Ingo

Link to comment
Share on other sites

Hallo Ingo

Du hast recht dieser Reisebericht und die Bilder , das  Video alles sehr gut . Ich habe den Bericht aber  nicht geschrieben . "Ehre wem Ehre gebürt " und das ist der Lutz . Da hast Du Dich vertippt .

Gruß  Helge 

Link to comment
Share on other sites

Super Lutz! 

Toller Bericht - tolle Bilder und Video - tolle Technik!

Ich habe solche Bahnübergangsverzögerungen als Kind auch immer als sehr kurzweilig angesehen - ganz im Gegensatz zu meinem Papa, der konnte das nur teilweise nachvollziehen, hat sich aber dann doch immer über das breite Grinsen auf Juniors Gesicht gefreut, wenn Lok/Zug vorbeigedampft sind. 

Ansonsten hat es bei mir nur zu H0 gereicht - leider auch die schon wieder abgebaut. Aber ist noch alles da.

DLzG, der Oli

Link to comment
Share on other sites

Guest lozärn
Am 8.6.2019 um 13:10 schrieb Guzzi - Mann:

Hast du dich da jetzt in der Anrede vertan, Ingo?

 

Grüße Tobi

Oha, ja stimmt

Danke Tobi! Und Danke auch Dir Helge.

Super gemacht, Lutz! ?

Link to comment
Share on other sites

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Guest
Reply to this topic...

×   Pasted as rich text.   Paste as plain text instead

  Only 75 emoji are allowed.

×   Your link has been automatically embedded.   Display as a link instead

×   Your previous content has been restored.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Create New...