Jump to content

Leaderboard

Popular Content

Showing content with the highest reputation on 12/24/2023 in all areas

  1. https://www.wiwo.de/29556852.html Der Piaggio-Konzern rund um die alten Kultmarken Vespa und Moto Guzzi ist der einzige europäische Zweiradhersteller von Weltrang. Aber überlebt er auch den nächsten Sprung in die Epoche der Elektromobilität? Mandello del Lario am Südrand des Comer Sees, ein Urlauberstädtchen wie aus dem Bilderbuch. Viele Motorboote, viele Cafés, wenig Hektik. Und doch ist hier etwas anders, das verrät schon die Geräuschkulisse am frühen Morgen. Das Knattern schwerer Motorräder hallt durch die Gassen. Wer dem Klang folgt, landet in der Via Emanuele Vittorio Parodi 62. Vor dem leuchtend roten Werkstor mit dem weißen Adler haben sich bereits die ersten Fans versammelt. Ein junges Paar lässt sich fotografieren. Einige ältere Herren rauschen mit schweren Maschinen heran. Eine weitere Gruppe gesellt sich hinzu. Woher sie kommen? Aus Finnland, sagen sie, eine Europareise mit dem Motorrad. Und dieser eine Stopp, der habe schon lange festgestanden: Mandello del Lario, Geburtsstätte und Sitz des legendären Zweiradbauers Moto Guzzi. Seit 1921 produzieren sie hier Motorräder; viele der Gebäude auf dem weitläufigen Areal wirken äußerlich noch wie damals. Aber nicht mehr lange. Die Kapazitäten sollen bei laufender Produktion bis 2025 von derzeit knapp 20.000 Einheiten verdoppelt werden. Guzzi Land, heißt das Projekt des amerikanischen Architekten und Philosophen Greg Lynn, und es verkörpert den Wandel eines Großkonzerns, der nostalgischen Kult und technologische Avantgarde geschickt miteinander zu verbinden weiß: Piaggio, das Mutterhaus des italienischsten aller Fortbewegungsmittel – der Vespa. Extravaganz und Eleganz Michele Colaninno verbindet Extravaganz und Eleganz, als er bei der Mailänder Motorradmesse Eicma am Piaggio-Stand steht. Er trägt einen dunkelblauen Anzug und eine rote Krawatte mit Tiermotiven zum Dreitagebart, die halblangen Haare sind gepflegt nach hinten gekämmt. „Piaggio nur als Motorradhersteller zu bezeichnen – das wäre, als würde man die Rolling Stones nur eine Musikgruppe nennen“, sagt Colaninno. Michele führt das Unternehmen seit dem Sommer gemeinsam mit seinem Bruder Matteo. Zu ihren Ämtern gekommen sind sie auf plötzliche Weise. Ihr Vater Roberto, jahrelang unumstrittene Führungsfigur und Impulsgeber für die Expansion der Marke Moto Guzzi, war im August überraschend verstorben. Und so mussten seine Söhne übernehmen. Die Colaninnos kontrollieren mit ihrer Mutter Oretta Schiavetti die Omniaholding, eine Struktur, die 59 Prozent der Anteile von Immsi hält, die wiederum mit mehr als 50 Prozent an Piaggio beteiligt ist. Matteo, Jahrgang 1970, hatte sich zunächst lange als Politiker der sozialdemokratischen Partito Democratico und bei Italia Viva von Expremier Matteo Renzi betätigt, kandidierte aber bei den Wahlen Ende 2022 nicht mehr für ein Abgeordnetenmandat. Operativ die größere Rolle spielt Bruder Michele. Bei der Eicma im Mailänder Vorort Rho präsentierte er kürzlich an der Seite von Matteo neue Modelle, darunter eine knallrote Elektro-Vespa Primavera Elettrica. Die Brüder haben von ihrem Vater eine Herkulesaufgabe übernommen, die zugleich eine Herkuleschance ist: Sie müssen das Unternehmen, deren tuckernde Zweitakter einem ganzen Land Aura verliehen haben, in eine elektrische Zukunft führen. Und zugleich den benzinbetriebenen Kult konservieren, der beide Marken groß gemacht hat. Träume von Gestern Die Ausgangslage könnte schlechter sein: Das Unternehmen ist nach Yamaha und Honda der drittgrößte Motorradkonzern der Welt, steht finanziell gut da und wächst seit Jahren beständig. Und Michele Colaninno wird geradezu poetisch, wenn er die Zukunft ins Visier nimmt: „Piaggio ist ein Universum von Träumen, die der Welt mit außergewöhnlichen Marken nahegebracht werden“, so hebt der CEO von Piaggio an, und weiter: „Der Traum ist ein grundlegendes Element der Zukunft.“ Aber sind es nicht eher die Träume von gestern, für die Piaggios Maschinen stehen? „Die jungen Menschen von heute verfügen über eine Technologie, die mich fasziniert, und es ist eine sehr schwierige Herausforderung, ihre Zeichen zu deuten. Unser Ziel ist es, Mobilitätslösungen für alle zu bauen.“ So stolz er und sein brüderlicher Vizechef auf die Marke Moto Guzzi auch sein mögen, entscheidend für ihren Erfolg wird vor allem die Entwicklung der Vespa sein. Sie wird in Pontedera in der Toskana gefertigt, einer 30.000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Pisa, eine Art Mini-Wolfsburg. In Pontedera laufen auch die anderen Piaggio-Roller wie Beverly, Medley oder Liberty und die dreirädrige Piaggio Mp3 300 vom Band, dazu die Motorradmarke Gilera, der Kleintransporter Porter und der dreirädrige Minitransporter Ape. 3700 Beschäftige arbeiten hier. Die Motorräder der Konzernmarke Aprilia werden dagegen in Noale bei Venedig produziert. Aus den Trümmern Piaggio ist, wie gesagt, die europaweite Nummer eins unter den Zwei- und Dreiradkonzernen mit Marktanteilen bei den Scootern von 23,3 Prozent in Europa und 29,3 Prozent in Nordamerika. Allein die Marke Vespa hat laut Interbrand einen Wert von 1,1 Milliarden Dollar. Das legendäre Zweirad, das gerade in Deutschland sehr viele Fans hat, wird auch in Indien, Vietnam und seit kurzer Zeit in Indonesien gefertigt. Der Umsatz der Piaggio-Gruppe erreichte zwischen Januar und September 1,6 Milliarden Euro. Die Bruttomarge (Ebitda) liegt bei 16,6 Prozent. Mediobanca-Analyst Gilles Errico glaubt, dass das Unternehmen trotz aktueller Verkaufsrückgänge in Vietnam und Indien wegen seines „diversifizierten geografischen ,footprints‘ seine hohe Profitabilität halten kann“. Damit es tatsächlich so kommt, investiert Piaggio: in die Elektrifizierung – und in die Einzelmarken des Konzerns, also etwa in die Piaggio-Transporter, in Aprilia und Moto Guzzi.Die Motorräder vom Comer See sollen dabei den Takt vorgeben für die gesamte Gruppe. Viele der alten Gebäude sind schon abgerissen worden. Ein Großteil der benötigten Energie soll künftig mit eigenen Fotovoltaikanlagen produziert werden. Der Umsatz des Motorradherstellers ist allein zwischen Januar und Juni um 30 Prozent gewachsen. „Es waren schwierige Jahre: Seitdem die Marke Teil der Piaggio-Familie ist, haben wir daran gearbeitet, die Trümmer wieder aufzubauen. Heute erzielen wir Rekordumsätze“, sagt Michele Colaninno. Und fügt hinzu: „In der neuen Fabrik werden wir die beste Technologie der Welt haben. Mandello ist zentral für Moto Guzzi, das ohne diese Fabrik nicht das gleiche Unternehmen wäre.“ Giuseppe Lococo steht seit Juni an der Spitze von Moto Guzzi, arbeitet bereits seit mehr als 30 Jahren für die Piaggio-Gruppe. „Ich bin beeindruckt von der Leidenschaft der Menschen“, so versucht er in Worte zu fassen, was die Basis des Erfolgs von Moto Guzzi werden soll: „80 Prozent der Mitarbeiter haben selbst mindestens eine Moto Guzzi.“ Viele Mitarbeiter beschäftigten sich auch in der Freizeit fast nur mit Moto Guzzi. Aus Lococos Sicht lassen sich nostalgische Reminiszenzen und Zukunftsorientierung bei Moto Guzzi aufs Beste miteinander verbinden. Nicht ohne Grund ist in Mandello, der „Città della Moto Guzzi“, die glorreiche Vergangenheit nach der Unternehmensgründung 1919 von Carlo Guzzi überall präsent. Auf einem bewaldeten Hügel über dem Werksgelände sind die früheren Wohnhäuser der „ingegneri“ zu sehen, die das Unternehmen einst leiteten. Jede Schraube wurde damals im Haus selbst gefertigt. Es gab ein eigenes Lebensmittelgeschäft, eigene Ärzte, Sportvereine wie den noch immer existierenden Ruderverein Canottieri Moto Guzzi unten am See. Im Villaggio Moto Guzzi gab es Wohnungen für die Beschäftigten. Kein Wunder: In den 1930er-Jahren war Moto Guzzi der größte und bedeutendste Motorradhersteller der Welt. Wundermanager Collaninno Doch dann begann ein langer Abstieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem im eigenen Windkanal entwickelten V8-Motor ein Geschwindigkeitsweltrekord aufgestellt und ein Motor entwickelt, der einen Fiat-Kleinwagen antreiben sollte. Doch die Strategie ging nicht auf. Und die japanische Konkurrenz erstarkte. Vor 30 Jahren liefen in Mandello nur noch 3000 Maschinen vom Band. Vor 20 Jahren landete Moto Guzzi zusammen mit Aprilia dann bei Piaggio. Seither läuft die Wiederbelebung der Marke. Es ist mühsam. Aber es geht voran. Die Verkaufszahlen stiegen von 4600 im Jahr 2010 auf nun fast 20.000. Der Wundermanager Bei der Vespa wollen die Collaninnos einen zwischenzeitlichen Niedergang natürlich gerne verhindern. Für Piaggio, das bis zum Zweiten Weltkrieg Schiffsinnenausstattungen, Eisenbahnen, dann Flugzeuge und Kampfbomber herstellte, begann mit der Erfindung des rundlichen Motorrollers 1946 eine Erfolgsgeschichte, die lange keine Brüche kannte. Fast 20 Millionen Vespas wurden seither weltweit gebaut. Doch auch hier bekam man die neue Konkurrenz aus Japan zu spüren: Honda, Yamaha und Kawasaki brachten Motorroller auf den Markt. Nach diversen Aufs und Abs übernahm Roberto Colaninno 2003 den Mutterkonzern Piaggio von der damaligen Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Morgan Grenfell. Colaninno galt damals als eine Art Wundermanager. Der Olivetti-Präsident Carlo De Benedetti lotste den gelernten Buchhalter, der seine Karriere 1969 in seiner Heimatstadt Mantua als CEO des Autozulieferers Fiaam begonnen hatte, 1995 als Chef zu dem Büromaschinenhersteller. Colaninno stieg aus dem Computergeschäft aus und baute das Unternehmen zu einer Holding mit umfangreichen Aktivitäten im Mobilfunk (Omnitel), Internet (Infostrada), Fernsehen und vielem mehr um. Nach dem Verkauf von Omnitel an Mannesmann (sieben Milliarden Euro) 1998 startete er die größte Übernahme in Italiens Geschichte (60 Milliarden Euro): Olivetti kontrollierte im Anschluss mit anderen Investoren über eine komplexe Struktur eine Mehrheit an Telecom Italia. Colaninno diversifizierte das Unternehmen in die Bereiche Festnetz, Mobilfunk, Fernsehen, Internet und Informatiksysteme und expandierte ins Ausland. Doch dann gaben die Aktionäre dem Werben von Pirelli-Chef Marco Tronchetti Provera nach und verkauften. Colaninno erhielt eine sehr stattliche Abfindung, übernahm Piaggio und brachte das Unternehmen rasch auf Vordermann. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 300.000 Vespas verkauft. Neue Partnerschaften Und doch steht die Wachstumsstory unter einem Vorbehalt: Die Piaggio-Führung hat den Trend zu elektrisch betriebenen Motorrollern zu lange ignoriert. Und so versuchen Collaninnos Söhne jetzt, mit Innovationen gegenzusteuern. Ein wichtiger Baustein der Strategie: die US-Tochter Piaggio Fast Forward, die in der Robotik tätig ist und Sensoren für die Straßensicherheit entwickelt. Das erste Projekt: der E-Scooter Piaggio 1+, der mit herausnehmbarem Akku an der Steckdose in der Wohnung aufgeladen werden kann. Gemeinsam mit KTM, Honda und Yamaha entwickelt Piaggio austauschbare Batterien – und gemeinsam mit dem chinesischen Konzern Foton Elektro-Nutzfahrzeuge. Nicht weniger als die „DNA der Piaggio-Gruppe“, so Michele Collaninno, müsse sich ändern: „Wir müssen uns von einem auf Mechanik beruhenden Konzern zu einem auf Basis von Elektronik und Elektro entwickeln.“ Für Moto Guzzi ist das sicher keine Option. Die schweren Maschinen sollen auch in Zukunft kräftig röhren. Sehr zur Freude von Mitarbeitern wie Alberto Padovani, Spitzname Prezzy. Padovani ist ein wandelndes Lexikon, der jedes Detail der Modelle und Unternehmensgeschichte kennt. Er selbst besitzt privat acht Maschinen, trägt eine schwarze Moto-Guzzi-Hose, einen roten Pullover und eine rote Weste von Moto Guzzi und hat sich den Firmenadler auf den Arm tätowieren lassen. Bei der Eicma in Mailand wurde gerade die neue Stelvio vorgestellt, die im Frühjahr auf dem Markt kommt. Für die vielen Besucher, die sich täglich vor dem roten Werkstor versammeln, wird es künftig neben einem Museum auch eine Werkstatt, ein Restaurant sowie ein Hotel und Führungen durch eine gläserne Fabrik geben. „2024 wird ein wichtiger Umbau von Fabrik und Museum beginnen“, sagt Michele Colaninno. Mandello solle eine „Referenz werden, über die Moto-Guzzi-Fans hinaus, auch für die jungen Leute und den internationalen Tourismus“. Markenkult next level sozusagen: bei Moto Guzzi im Blick zurück. Bei Vespa mit Blick nach vorn. So könnte es gehen.
    2 points
  2. Das verstehe ich voll und ganz. Die Serviceanzeige geht automatisch alle 10.000km an. Meine V85tt habe ich bei 9920km, wegen der Garantie, zum Service gebracht. Ich war noch nicht zuhause ging die Anzeige an. Auch der Händler kann diese erst löschen wenn sie an ist. Leider habe ich 100km zu meinem Händler, also brennt das Ding halt.
    1 point
×
×
  • Create New...